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Grafschaft und Stift

Gründung des Klosters Cappenberg

Mit seiner Stiftsgründung verhalf Gottfried den Prämonstratensern in Deutschland zum Durchbruch.

Das erste Prämonstratenserkloster auf deutschem Boden liegt in Westfalen. Es wurde 1122 von den Brüdern Gottfried und Otto von Cappenberg als Eigenkloster auf ihrem Grundbesitz errichtet. Die Gründung dieses Stifts spielte in den folgenden Jahrzehnten die entscheidende Rolle bei der Ausbreitung des Prämonstratenserordens in Deutschland. Cappenberg reiht sich ein in jene adeligen Klostergründungen, bei denen die Stifter ihre Burg zur Ordensniederlassung umwandelten und selbst dort eintraten. Ein Vorgang, der im 12. Jahrhundert eher selten dokumentiert ist.

Gottfried von Cappenberg, Detail vom Hochalter der Stiftskirche (Keine Rechte bekannt)
Der hl. Augustinus überreicht Norbert von Xanten seine Ordensregel (Wikimedia/gemeinfrei)

Gottfried stattete das Kloster mit Eigentum aus, über das er von rechts wegen freie Verfügungsgewalt hatte, das also nicht lehnsrechtlich gebunden war. Aus diesem Grund musste er auch den anfänglichen Widerstand seines Bruders und Miterben Otto überwinden. Ohne dessen Zustimmung hätte er die Besitzübertragung nicht vollziehen können. Innerhalb weniger Jahre sicherten sich die beiden Stiftsgründer den Rückhalt von Papst, Kaiser und Bischof, indem sie von diesen bestimmte Privilegien für das junge Kloster erhielten. 1122 reiste Gottfried nach Worms und erhielt eine kaiserliche Bestätigung; 1126 stellte Papst Honorius II. eine entsprechende Urkunde für Cappenberg aus. Erwähnt werden darin auch die beiden weiteren Stiftungen Gottfrieds und Ottos, Varlar (gegründet vor 1123) und Ilbenstadt (gegründet 1123). Allerdings waren die exakt aufgeführten Besitzrechte Cappenbergs wohl von größerer Bedeutung.
Das Stift Cappenberg wurde von Gottfried und Otto mit Höfen in Werne, Netteberge, Alstedde und Heil – also Grundbesitz in der Umgebung – ausgestattet. Um 1125 kamen noch die weiter entfernt liegenden Höfe in Mengede, Coerde, Saerbeck, Wesel und Wessum hinzu. Grundsätzlich sorgten die Gründer adeliger Eigenklöster zügig dafür, ihre Stiftungen unter den Schutz des Königs, eines Bistums oder einer großen Reichsabtei zu stellen. Denn Erbstreitigkeiten konnten den Klosterbesitz ebenso gefährden wie Eingriffe seitens der Diözesanbischöfe, in deren Sprengel sich das neue Ordenshaus befand.Und mit Widerständen und Erbstreitigkeiten hatten Gottfried und Otto von Cappenberg zu rechnen. Gottfrieds Schwiegervater Friedrich von Arnsberg sah das Erbe seiner Tochter gefährdet; Bischof Dietrich von Münster soll sich den Plänen der Cappenberger ebenfalls entgegengestellt haben.

Zum einen hatten sich die Cappenberger geweigert, ihr Kloster seinem Bistum zu unterstellen. Stattdessen übertrugen sie es in Absprache mit Norbert von Xanten dem Prämonstratenserorden. Damit unterstand das Kloster nicht der bischöflichen Jurisdiktion und Organisation. Außerdem hätte Dietrich von Münster die Cappenberger Burg lieber als solche erhalten, stellte sie doch einen strategisch wichtigen Vorposten im Süden seines Bistums dar. Nachdem sich sein Vorgesetzer, der Kölner Erzbischof, eingeschaltet hatte, blieb Dietrich jedoch nichts anderes übrig, als das Kloster am 15. August 1122 zu weihen.
Weniger Probleme bereitete die entfernte Verwandtschaft aus Süddeutschland den Cappenbergern. Über ihre Mutter Beatrix von Hildrizhausen waren Gottfried und Otto mit Herzog Friedrich (II.) von Schwaben verwandt; dem mütterlichen Erbe verdankten sie die Burgen Kräheneck (bei Pforzheim) und Hildrizhausen (bei Herrenberg) mit 2.000 Hufen und zahlreichen Ministerialen. Um das Vermögen für ihre Stiftung zu mehren, verkauften sie diesen Besitz an Herzog Friedrich II. von Schwaben. Dieser zeigte sich den Plänen der Brüder gegenüber aufgeschlossen. Immerhin profitierte er von den beiden Burgen; außerdem sympathisierte er mit Reformorden, wie sie die Prämonstratenser darstellten. Den Verkauf der Burgen übernahm Otto und wurde wohl bei dieser Gelegenheit Taufpate des kleinen Herzogssohnes Friedrich Barbarossa.
Der Tod Friedrichs von Arnsberg 1124 bedeutete eine Gefahr weniger für den Cappenberger Klosterbesitz. Knapp 15 Jahre später, 1139, hatten sich außerdem die Beziehungen zwischen dem jungen Kloster und dem Bistum entspannt – unter anderem, nachdem Otto dem Bischof mehrere Ministerialen geschenkt hatte. Sehr wohlwollend stand Bischof Werner von Münster (1132–1151) den Cappenbergern gegenüber. Das Stift wurde nun dem Bistum „als Tochter überlassen“. Im Gegenzug gliederte der Bischof die Pfarrkirchen von Werne und Ahlen in das Stift ein und übertrug dem Probst von Cappenberg die Rechte an diesen Kirchen. Außerdem garantierte er ihnen, den Zehnten einziehen zu können und milderte im Gegenzug Abgaben, die das Kloster zu leisten hatte.
Der Historiker Wolfgang Bockhorst wertet die Gründung Cappenbergs als „Durchbruch“ für den Prämonstratenserorden: „Abgesehen von den Beziehungen, die sich dadurch zum Kaiserhof ergaben, machten die spektakulären Umstände, unter denen die Stiftung von Cappenberg erfolgte, Norbert und seinen Orden weithin bekannt.“
Das Stift wurde 1803 im Zuge der Säkularisation aufgehoben; ein Frauenkloster am Südhang des Cappenberger Berges, das Gottfried und Otto parallel zum Chorherrenstift gründeten, wurde schon Mitte des 14. Jahrhunderts aufgehoben.


Bockhorst, Wolfgang, Die Grafen von Cappenberg und die Anfänge des Stifts Cappenberg, in: Crusius, Irene; Flachenecker, Helmut (Hrsg), Studien zum Prämonstratenserorden (Studien zur Germania Sacra 25), Göttingen 2003, S. 57-74

Görich, Knut, Friedrich Barbarossa. Eine Biografie, München 2011

Kohl, Wilhelm, Die Bistümer der Kirchenprovinz Köln. Das Bistum Münster 7,3. Die Diözese (= Germania Sacra. NF 37,3); Berlin/New York 2004

Niemeyer, Gerlinde, Ehlers-Kisseler, Ingrid: Die Viten Gottfrieds von Cappenberg, MGH SS Rer. Germ. 74, Hannover 2005